Pomologisches Kabinett

Das „Pomologische Kabinett“ ist eine Sammlung von Modellen verschiedener Obstsorten. Solche Kollektionen wurden vom 18. bis ins 20. Jahrhundert hergestellt, um das Aussehen besonderer Sorten zu dokumentieren. Modelle von Früchten wurden von unterschiedlichen Anbietern in vielen Ländern Europas und auch in der Neuen Welt unter Verwendung unterschiedlichster Techniken und Materialien hergestellt (Beispiele: „ Arnoldi`s Obstkabinett“ mit 432 Gipsmodellen, gefertigt 1856-1897 in Gotha; „Wächserne Obstsammlung“ des Paters Constantin Keller mit 245 erhaltenen Exemplaren in der Abtei Admont/Österreich, gefertigt 1815-1840; „Obstsortiment für Steiermark in plastischer Nachbildung“ mit 406 Pappmaché-Wachs-Modellen, wahrscheinlich 1880-1890.

Das Pomologische Kabinett des Bamberger Naturkundemuseums stammt aus der Produktion des „Landes-Industrie-Comptoir“ des Weimarer Verlegers Friedrich Justin Bertuch (1747-1822). Dort erschien von 1794 bis 1804 das Magazin „Der teutsche Obstgärtner“, das von 1804 bis 1824 vom „Allgemeinen teutschen Gartenmagazin“ abgelöst wurde. In diesen Reihen wurden u.a. empfehlenswerte Obstsorten in Wort und Bild beschrieben. Verantwortlich für den Inhalt war der seinerzeit bekannte Thüringer Pomologe Pfarrer Johann Volkmar Sickler (1742-1820). Zusätzlich hatte der Verlag Modelle von insgesamt 298 verschiedenen Obstsorten, verteilt auf Äpfel, Birnen, Pflaumen und Zwetschgen, Kirschen, Aprikosen, Pfirsiche sowie eine Nuss und eine Mispel im Angebot. Hergestellt wurden die Modelle von Ernst Heinrich Gebhardt. Verkauft wurden sie in 26 aufeinanderfolgenden Lieferungen zwischen 1795 und 1813.

Die Modelle bestehen aus Bienenwachs mit geringer Beimengung von Kremserweiß. Die Objekte sind hohl, mit einer Wandstärke von ca. 1,5 – 2,5 mm. Die Fruchtstiele sind aus gedrehtem und gefestigtem Zwirn hergestellt und je nach sortentypischer Vorgabe mit Wachs überformt. Die Oberfläche ist mit lasierenden Farben naturgetreu bemalt.

Zweifellos ist die Modellreihe aus dem Haus Bertuch die schönste und naturgetreuste Obstsortenreihe, die in der damaligen Hochzeit der Pomologie käuflich zu erwerben war. Bedingt durch die extreme Fragilität der Hohlkörper haben sich nur wenige Kollektionen bis heute erhalten. Die Bamberger Kollektion stellt mit insgesamt 193 Modellen eine der umfangreichsten dar. Im Einzelnen: 71 Birnen, 66 Äpfel, 24 Pflaumen und Zwetschgen, 23 Kirschen, 6 Pfirsiche und 3 Aprikosen. Neben ihrem kulturhistorischen Wert werden die Modelle zur Bestimmung alter, in Vergessenheit geratener Sorten herangezogen. Sie gewähren auch Einblicke in die damals wichtigen und verbreiteten Obstsorten.

Literatur:
Mäuser, M. (1998): Das Pomologische Kabinett von F. J. Bertuch aus Weimar im Naturkunde-Museum Bamberg.- LXXII. Bericht Naturf. Ges. Bamberg: 49-78. Bamberg.