Geschichte des Vogelsaals

Aufbau und Stillstand

1791-1795

Der Bamberger Vogelsaal geht auf das Wirken des Fürstbischofs Franz Ludwig von Erthal (1730–1795) zurück. Franz Ludwig war als fortschrittlich denkender Regent dem ausgehenden Zeitalter der Aufklärung verpflichtet.

Für seine Bamberger Universität führte er erstmals einen Lehrstuhl für Naturgeschichte ein. Um die Vorlesungen mit Anschauungsmaterial zu bereichern, erwarb er verschiedene naturkundliche Sammlungen. Zur Aufstellung der Kollektionen ordnete er 1791 die Errichtung eines Naturalienkabinetts im Nordflügel des ehemaligen Jesuitenkollegs an. Durch Herausnehmen von Wänden und Zwischendecke schuf sein Hofarchitekt Lorenz Fink diesen geräumigen, über zwei Geschosse reichenden Saal mit umlaufender Galerie, der schließlich mit Wandvertäfelungen, edlen Schauvitrinen und reichem Schnitzwerk ausgestattet wurde. Als Franz Ludwig 1795 starb, war das Kabinett noch unvollendet. Während der folgenden Zeit politischer Unsicherheiten lag das halbfertige Museum brach. Erst das Säkularisationsjahr 1803 brachte die Wende.

Steiler Aufstieg

1803 – 1838

Mit der Aufhebung des nahe gelegenen Klosters Banz im Jahr 1803 wurde auch das dortige Naturalienkabinett aufgelassen.

Der Vorsteher dieses Kabinetts, Pater Dionysius Linder (1762-1838), konnte gegenüber der neuen Landesregierung private Eigentumsrechte an der Sammlung nachweisen. Linder bot seine gesamten Bestände dem unfertigen Bamberger Naturalienkabinett als Schenkung an, mit der Auflage, auf Lebenszeit als dessen Vorstand wirken zu können. Die Übereinkunft kam zustande, und der emsige Ex-Benediktiner widmete sich mit Eifer der neuen Aufgabe. Er erwirkte die Komplettierung der räumlichen Ausgestaltung, vermehrte zielstrebig die Sammlungen und brachte das Kabinett zur ersten Blüte und europaweiter Bedeutung. Überdies sicherte er den Fortbestand des Museums für viele Jahrzehnte durch mehrere finanzielle Stiftungen aus eigenem Vermögen.

Das Naturalienkabinett wird zum Vogelsaal

1838 – 1900

Auch Linders Nachfolger, der Geistliche Andreas Haupt (1813-1893), vermehrte die Sammlungen äußerst erfolgreich.

So blieb es nicht aus, dass der Saal bald zu klein für die Fülle an Exponaten wurde. Deshalb erwirkte Haupt die Angliederung mehrerer anschließender Räume. Noch unter Haupt und vor allem seinen Nachfolgern konzentrierte sich im großen Ausstellungssaal die Sammlung präparierter Vögel. Diesem Umstand verdankt der Raum seinen populären Namen „Vogelsaal“.

Hochgeschätztes Denkmal

1900 – 2010

In diesem Zeitraum durchlief der Vogelsaal mehrere Umgestaltungs- und Renovierungsphasen. In den 1970er Jahren wurde der Saal schließlich unter Denkmalschutz gestellt.

1988 wurde die technische und wissenschaftliche Betreuung des Naturkunde-Museums Bamberg an die Generaldirektion der Staatlichen Naturwissenschaftlichen Sammlungen Bayerns (SNSB) übergeben.

Aufgrund zunehmender Schäden an der Farbfassung musste der Saal im Zeitraum von November 2008 bis April 2010 einer kompletten Renovierung unterzogen werden. Eines der Ziele dieser Maßnahme war, eine Hinwendung zum Erscheinungsbild des Raums während der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts umzusetzen. Auch das Spektrum der ausgestellten Exponate sollte wieder dem Anspruch an ein universelles Naturalienkabinett angepasst werden.




Exponate – Herzstück des Vogelsaals

Im Zuge der Renovierung des Saals wurde auch das Ausstellungskonzept leicht verändert. Der Schwerpunkt liegt jedoch nach wie vor auf der Präsentation von Vogelpräparaten.

Um sich dennoch wieder dem Anspruch an das ehemalige, universelle Naturalienkabinett zu nähern, wurden wieder Sammlungsstücke aus den Bereichen Mineralogie, Gesteinskunde, Paläontologie sowie Botanik eingefügt. Auch das „Pomologische Kabinett“ und die „Würzburger Lügensteine“ fanden ihren Weg zurück in den Vogelsaal. Derzeit beleben rund 2200 Exponate die Vitrinen.

Minerale und Gesteine

Diese werden in Schauschränken im Vorraum der Galerie präsentiert. Die Minerale sind nach ihrer chemischen Zusammensetzung systematisch geordnet. Unter ihnen befinden sich seltene Stücke aus inzwischen erloschenen regionalen Lagerstätten. Die meisten entstammen der alten Museumskollektion und wurden vor rund 150 Jahren und früher gesammelt. Die Gesteine sind nach sedimentärer, magmatischer und metamorpher Entstehung gegliedert.

Würzburger Lügensteine

Im Vorraum zur Galerie wird eine stattliche Kollektion der berühmten Würzburger Lügensteine aufbewahrt – Zeugnisse eines der kuriosesten Betrugsfälle in der Geschichte der Naturwissenschaften. Das Opfer war der Würzburger Mediziner und fürstbischöfliche Leibarzt Johann Bartholomaeus Adam Beringer (?1667-1738). Im Jahr 1725 überbrachten ihm drei junge Männer aus dem benachbarten Ort Eibelstadt verschiedene Muschelkalksteine, auf denen seltsame Figuren zu sehen waren. Angeblich fanden sie diese Figurensteine auf einem Berghang nahe Eibelstadt. Beringer belohnte die Burschen und spornte sie zu weiterer Suche an. Tatsächlich brachten sie ihm im Verlauf des Jahres Hunderte weiterer Exemplare, auf denen Tiere, Pflanzen, Himmelskörper und hebräisch wirkende Schriftzeichen als Halbreliefs zu erkennen waren. Der Gelehrte untersuchte die „Funde“ und publizierte schon 1726 sein berühmtes Werk, die „Lithographiae Wirceburgensis“. In dem opulenten Buch diskutiert er wissenschaftlich die potentiellen Entstehungsmöglichkeiten dieser Figurensteine. Kurz nach dem Erscheinen des Werks wurde der Betrug aufgedeckt: Akademische Neider Beringers bewogen die Eibelstädter Burschen dazu, die Figuren in Stein zu schnitzen. Ihr Ziel war, Beringer lächerlich zu machen, womit sie letztlich auch Erfolg hatten. Die Mehrzahl der ausgestellten Exemplare, vielleicht alle, besorgte bereits Franz Ludwig von Erthal für sein Naturalienkabinett. Für den modern denkenden Regenten galten sie offensichtlich als eine Mahnung an die Wissenschaft.

Botanik

In zwei Schauschränken eingangs der Galerie finden die Besucher eine Auswahl von ausgewählten Samen und Früchten verschiedener Pflanzenarten. Urzeitliche Pflanzen werden von Fossilien aus dem Devon bis zum Tertiär repräsentiert.

Pomologisches Kabinett

Bei dieser ebenso kostbaren wie seltenen Kollektion handelt es sich um kunstvoll gefertigte Wachsmodelle verschiedener Obstsorten. Die Objekte wurden zwischen 1795 und 1813 im Landes-Industrie-Comptoir des Weimarer Kaufmanns, Verlegers und Schriftstellers Friedrich Justin Bertuch hergestellt. Während dieses Zeitraumes wurden die Modelle in Gebinden von jeweils 8 – 10 neuen Sorten der Reihe nach auf den Markt gebracht. Insgesamt waren es 104 Apfel-, 104 Birnen-, 35 Pflaumen- und Zwetschgen-, 38 Kirschen-, 4 Aprikosen,- 15 Pfirsichsorten sowie eine Nuss und eine Mispel. Die Modelle dienten zur Verbreitung der Kenntnis von Sorten, die für den Obstbau seinerzeit wertvoll erschienen. In der Bamberger Sammlung sind 193 Modelle erhalten.

Die Bertuch’schen Wachsfrüchte sind Hohlkörper und deshalb äußerst fragil. Ihre Wandstärke beträgt nur etwa 2 mm. Sie sind Abgüsse echter Früchte, ihre Stiele bestehen aus gehärtetem und mit Wachs überformten Zwirn, der lasierende Farbauftrag lässt die Modelle täuschend echt erscheinen. Dass sie so zerbrechlich sind, erklärt ihre Seltenheit. Nur noch wenige Kollektionen haben bis heute überlebt.

Von den verschiedenen Sorten existiert heute nur noch rund ein Drittel. Unter diesen sind wiederum nur die wenigsten als verbreitet oder gar wirtschaftlich bedeutend zu werten. Der Rest gilt als verschollen.

Wirbellose Tiere

Die gesamte nördliche Langseite der Galerie ist den Präparaten wirbelloser Tiere vorbehalten. Die Auswahl einzelner Tierstämme ist nach der modernen Systematik geordnet: Schwämme, Nesseltiere, Moostierchen, Plattwürmer, Fadenwürmer, Armfüßer, Weichtiere, Ringelwürmer, Gliederfüßer, Stachelhäuter. Viele der Exponate sind historisch wertvoll. So befinden sich unter den Korallen Exponate, die älter sind als das Museum selbst. Wo immer möglich, finden die einzelnen Tierstämme Ergänzungen durch ihre jeweiligen fossilen Vertreter.

Wirbeltiere (ohne Vögel)

Die Exponate von Wirbeltieren beginnen mit den Fischen auf der östlichen Schmalseite der Galerie. Meist sind es recht alte Präparate, denen man zwar die Zeit ansieht, die jedoch gerade deshalb wunderbar zum Charakter dieses historischen Naturalienkabinetts passen. Zu finden sind sowohl heimische Süßwasserfische als auch Rochen, Haie und andere Fischgruppen aus allen Weltmeeren.

Vögel

Ihnen gilt der Hauptschwerpunkt der Ausstellungen in diesem Saal. Derzeit sind 1255 Exemplare, verteilt auf rund 800 verschiedene Arten zu sehen. Sie sind nach der modernen biologischen Systematik geordnet, beginnend mit exotischen Lauf- und Hühnervögeln rechts des Eingangs und endend mit exotischen Singvögeln links des Eingangs. Weitere exotische Singvögel finden sich in einigen Vitrinen der Galerieebene. Hervorzuheben sind unter anderem: die vom Menschen ausgerottete Wandertaube, der äußerst seltene neuseeländische Eulenpapagei, einige Paradiesvögel, sowie der Göttervogel Quetzal aus den Nebelwäldern Mittelamerikas. Die Vitrinen der Raummitte beherbergen europäische Vögel, darunter nahezu alle bei uns lebenden Arten.
Die notwendige Neubestimmung der meist aus historischer Zeit stammenden Vogelexponate wurde dankenswerterweise von Herrn Pascal Eckhoff vom Museum für Naturkunde in Berlin durchgeführt. Die besonders reizvollen obelisken- und pyramidenförmigen Vitrinen der unteren Etage beherbergen Kolibris sowie die Sammlung von Eiern und Nestern.




Restaurierung

In den letzten Jahren zeigten sich zunehmende Schäden an der Ausstattung des Vogelsaals. Im Holz der Vitrinen und der Wandvertäfelungen erschienen breite Risse, die farbliche Fassung löste sich an vielen Stellen in größeren Platten ab.

Eine grundlegende Renovierung war notwendig geworden, um dieses einzigartige Denkmal in einem angemessenen Zustand zu erhalten und zu präsentieren. Im Jahr 2007 erfolgten umfangreiche restauratorische Befunduntersuchungen als wissenschaftlich fundierte Grundlage für die anstehenden Arbeiten.

Die Auswertung dieser Befunduntersuchungen in Zusammenschau mit den historischen Quellen ergab ein authentisches Bild von der ursprünglichen farblichen Abfassung des Saals. Gab es zuletzt eine vorwiegend monochrome Fassung in gebrochenem Weiß, zeigte der Saal hingegen ursprünglich eine Mehrfarbigkeit auf, deren wichtigstes Merkmal die Fassung der Vitrinenhintergründe in Azuritblau war. Diese ursprüngliche Mehrfarbigkeit, die sich ferner in vielen weiteren Details äußerte, sollte im Zuge der grundlegenden Renovierung wieder hergestellt werden.

Die eigentlichen Restaurierungsarbeiten begannen im November 2008 und dauerten rund 16 Monate. Kein einziger Quadratzentimeter des Saals blieb unbearbeitet!  Auf allen Holzteilen musste die oberste (letzte) Farbschicht aus den 1980er Jahren abgetragen werden und die darunter liegenden historischen Farbschichten früherer Renovierungsphasen mussten gefestigt werden, um einen schlüssigen Aufbau der neuen Farbfassung zu ermöglichen. Ebenso wurde die Gewölbedecke neu gefasst. Schließlich wurde auch das aufgedoppelte moderne Riemenparkett abgenommen, um das ursprüngliche Täferparkett wieder hervorzuholen und sorgfältig zu renovieren. Ein modernes, vitrinenbezogenes Beleuchtungssystem komplettierte die Arbeiten.

Veränderungen im Zuge der Renovierung ergaben sich auch in der Bestückung mit Exponaten. Um dem Anspruch an ein historisches Naturalienkabinett (wie es der Saal einmal war) gerecht zu werden, wurden zusätzlich geologische, mineralogische, paläontologische und botanische Exponate in die Konzeption einbezogen.

Um das Holz der Ausstattung und dessen Verbund mit der Farbauflage nachhaltig zu schützen, ist es notwendig, das Raumklima gezielt zu steuern, und vor allem die Luftfeuchtigkeit möglichst konstant zu halten. Infolgedessen kann es vorkommen, dass die Raumtemperatur des Saals in der kühlen Jahreszeit relativ niedrig ist. Wir bitten dies zu entschuldigen.

Für die finanzielle Unterstützung der Maßnahme bedankt sich die Lyzeumstiftung Bamberg (Eigentümerin des Museums) bei folgenden Institutionen:

  • Oberfrankenstiftung
  • Bayerische Landesstiftung
  • Landesstelle für die nichtstaatliche Museen in Bayern (am Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege)
  • Stadt Bamberg über Edgar Wolf`sche Stiftung
  • Landkreis Bamberg
  • sowie beim Freistaat Bayern (Mittel im Rahmen des Bauunterhalts).

Dank auch unseren Besuchern für die zahlreichen kleineren und größeren, sachbezogenen Spenden.

Für die kompetente Steuerung der Maßnahme gebührt Dank:

  • Staatliches Bauamt Bamberg
  • Restaurierungswerkstatt Peter Turek / Forchheim

Umfangreiche fachspezifische Beratung erhielten wir dankenswerterweise von der
Landesstelle für die nichtstaatlichen Museen in Bayern




Service

Mieten

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  • Unser Multimediaraum erlaubt mit seiner modernen technischen Ausstattung und Sitzplätzen für rund 45 Personen die komfortable und professionelle Vermittlung Ihres Anliegens.
  • Unsere Dauer- und Sonderausstellungen laden Ihre Gäste außerdem zu einem unterhaltsamen Rundgang ein.
  • Sie können im Zusammenhang mit Ihrer Veranstaltung zusätzlich auch eine individuell gestaltete Führung buchen.

Dieser Service steht Ihnen stets außerhalb der normalen Öffnungszeiten des Museums zur Verfügung. Während der normalen Öffnungszeiten nach Möglichkeit und Absprache. Wir behalten uns das Recht vor, Anfragen ablehnen zu dürfen. Erfragen Sie Details und finanzielle Konditionen unter Kontakt.

Führungen durch den Vogelsaal

Eine spezielle Führung ermöglicht Ihnen, dieses besondere natur- und kulturgeschichtliche Kleinod intensiv zu erfassen.

Sie können den Schwerpunkt Ihrer Führung wählen: Geschichte, Evolutionsbiologie, Spezielles zu einzelnen Tieren, Würzburger Lügensteine, Pomologisches Kabinett. Auf Wunsch öffnen wir für Sie auch die Schubladen mit der faszinierenden Insektensammlung unter den Vitrinenaufsätzen der unteren Etage. Auch zum Anfassen stellen wir etwas für Sie bereit.

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Doch zu Beginn empfängt Sie der Gründer des Museums, Fürstbischof Franz Ludwig von Erthal, höchstselbst. Auch bei den einzelnen Themenbereichen werden Sie persönlich willkommen geheißen, sei es von dem schwedischen Naturforscher Carl von Linné, dem Ornithologen Emil Küster, oder zwei possierlichen Raben!

Die App können Sie auch bequem an der Museumskasse über unseren WLAN-Hotspot herunterladen. Sie ist im Apple App Store sowie auch im Google Play Store verfügbar.

Um andere Besucher nicht zu stören, bitten wir dringend darum, Smartphone und Tablet nicht mit dem Gerätelautsprecher zu benutzen. Bringen Sie deshalb bitte Ihren mp3-Kopfhörer mit! Sollten Sie diesen vergessen haben, können Sie entsprechende Ohrhörer auch an der Museumskasse sehr preiswert erwerben.